Wir schreiben das Jahr 2023, der Hitler-Putsch ist hundert Jahre her. Damals folgten einer Dekade des Säens und Wachsens von Hass und Gewalt zwölf Jah- re Mord und Totschlag, vom Krieg nicht zu reden. Als die überstanden waren aus tiefstem Herzen das Versprechen „Nie wieder!“ und die Erkenntnis, dass der demokratische Rechtsstaat dafür die beste Ver- sicherung ist.

Nie wieder? Reichlich 20 Prozent der Mitbürger sympathisieren mit einer rechtsextremen Partei! 99 Jahre nach dem Marsch auf die Feldherrenhalle gar ein Putschversuch, zum Glück ähnlich stümper- haft. Reichlich 20 Prozent echauffieren sich über staatliche Maßnahmen zur Coronakrise, Klimakrise, Flüchtlingskrise – und sympathisieren gleichzeitig mit den Putins, Xis, Erdogans, Orbans und Trumps dieser Welt. Was ist denn deren Bilanz? Krieg, abge- riegelte Metropolen, Zensur, Hyperinflation, Kor- ruption, Verrat und Peinlichkeit!

Warum sind die Autokraten mit ihren verheerenden Bilanzen für viele trotzdem attraktiv? Schwer zu sa- gen! Aber eines fällt auf – gerade auch bei obenge- nannten Staatenlenkern: Mindestens unterschwellig sticht ein archaisches Männlichkeitsideal ins Auge. Der demokratische Rechtsstaat ist vielen zu konsens- orientiert, zu harmoniebedacht, zu soft, zu wenig hier-gehts-lang! Entsprechend der Aufruf des loka- len Chef-Faschisten, „unsere Männlichkeit wieder zu entdecken“ und „mannhaft“ zu werden.

Das soll die Lehre der letzten einhundert Jahre sein